Weiterentwicklung des Klimaschutzes im Landkreis Emmendingen

05.08.2020

Weiterentwicklung des Klimaschutzes im Landkreis Emmendingen

Im Rahmen seiner Sommertour hatte der Landtagsabgeordnete Alexander Schoch zum Thema Klimaschutz im Landkreis Emmendingen eingeladen. Als Referent*innen konnten der grüne Bundestagsabgeordnete Gerhard Zickenheiner aus Lörrach, der für Kommunale Klima- und Nachhaltigkeitsstrategien zuständig ist, Philipp Oswald, Klimaschutzmanager des Landkreises und Eva Mutschler-Oomen, die Klimaschutzmanagerin von Endingen, Forchheim und Bahlingen, gewonnen werden.

Zu Beginn stellte Oswald das Klimafreundliche Landwirtschaftliche Bildungszentrum Hochburg (LBZ) vor. Ein Nahwärmenetz, gespeist von ca. 60 Tonnen Holzpellets pro Jahr, versorgt das gesamte Ensemble mit 6 Gebäuden mit Wärme und Warmwasser. Für die Spitzen- oder Wartungszeiten gibt es noch einen Gaskessel.
Für das Gesamtkonzept, zu dem auch verschiedene Bildungsangebote des Schulbauernhofes, wie auch des LBZ in der Aus- und Weiterbildung von Landwirten und Winzern zu Treibhausgasen oder regenerativer Energie gehören, konnte der Landkreis Fördermittel des EU-Strukturfonds und des Landes erhalten. Zusätzlich ist eine PV-Anlage mit 15kW-Peak-Leistung auf dem Dach des Heizgebäudes installiert.
Alexander Schoch betonte in seiner Einführung, dass er sich freuen würde, wenn viele Gemeinden des Landkreises dem Kommunalen Klimaschutzpakt beitreten und sich damit zur Umsetzung von Klimaschutzzielen verpflichten würden. Aktuell sind neben dem Landkreis Emmendingen die Gemeinden Biederbach, Freiamt, Teningen und die Stadt Emmendingen Mitglied. Das novellierte Klimaschutzgesetz, das im September verabschiedet werden soll und das aktuell verabschiedete Biodiversitätsstärkungsgesetz, wird die Kommunen vor besondere Herausforderungen stellen. Hierzu wird es vom Land verschiedene Projektförderungsmöglichkeiten geben um auch die zukünftige gesetzlich vorgeschriebene Wärmeplanung für Kommunen über 20 000 Einwohner unterstützen. Der Landtagsabgeordnete betonte, dass gerade das ehrenamtliche Engagement für die Gemeinden notwendig ist, um Klimaschutzkonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Im Landkreis Emmendingen gibt es inzwischen in acht Kommunen Klimaschutzmanager*innen und die Unterstützung durch ehrenamtliches Engagement bei der Umsetzung von Klimaschutzzielen.
Philipp Oswald ist seit 2016 Klimaschutzmanager des Landkreises. Ein Klimaschutzkonzept aus dem Jahre 2012 stellte die Klimaziele für den Landkreis dar. Nach diesem Szenario wäre es möglich, bis 2030 den Strombedarf zu 100 % mit regenerativer Energie zu produzieren und den Wärmebedarf bis 2050 bei einer Einsparung von 50 %, ebenfalls. Das würde eine Reduktion des CO2 Verbrauchs pro Kopf von 8,2 Tonnen auf 1,2 Tonnen pro Jahr bedeuten. Erreicht wurde für die Jahre 2009 – 2016 bisher lediglich ein Rückgang von 12%. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein Beispiel ist der schleppende Ausbau der Windkraft in Deutschland, der von der Bundesregierung seit Jahren torpediert wird und durch Bürgerinitiativen erschwert wird. Im Bereich der energetischen Gebäudesanierung gab es in den letzten Jahren hingegen überdurchschnittliche Zuwächse im Landkreis.
Mittlerweile gibt es 6 kommunale Klimaschutzmanager*innen im Landkreis. Der Kontakt untereinander ist sehr gut. Hinzu kommen 9 Bürgerenergiegenossenschaften und verschieden Arbeitskreise wie die klimafit-Initiative Emmendingen oder der Klima AK in Waldkirch oder Kenzingen.
Beratung, Vernetzung und Sensibilisierung sind genauso wichtig Aufgaben eines Klimaschutzmanagers, wie die Koordination des Stadtradelns oder Projekte wie die geplante Effizienzoffensive Gewerbe, so Oswald weiter. Eva Mutschler-Oomen berichtete von ihrem Alltag als Klimaschutzmanagerin in drei kleineren Kommunen. Sie ist in Endingen, Forchheim und Bahlingen für ca. 15.000 Einwohner zuständig. Ihre Stelle ist über die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) für fünf Jahre gefördert. Diese Förderung endet in ihrem Fall am 31. Januar 2021. Danach müssen die Gemeinden die Personalkosten vollständig übernehmen. Ihr Tätigkeitsfeld ist sehr unterschiedlich: Von klassischen Aufgaben im Klimaschutzmanagement wie Beratung und Information der Bürger über Netzwerk-und Verwaltungsarbeiten bis hin zu Energiemanagement in den kommunalen Gebäuden. In den letzten Jahren hat sie über 40 Veranstaltungen betreut oder mitorganisiert, eine Website und einen Newsletter erstellt sowie 150 Erstberatungen für Bürger*innen und Vereine durchgeführt. Sie konnte bisher über 386.000 Euro Fördermittel akquirieren, 11 Sanierungspläne für öffentliche Gebäude erstellen und erste Energieberichte für die kommunalen Gebäude veröffentlichen. Hinzu kommen noch Projekte wie die bundesweite Kampagne STADTRADELN, Bildungsangebote oder die Energiekarawane, eine aufsuchende Energieberatung. Für Mutschler-Oomen sind die Vorgaben und Anforderungen an ihre Arbeit oft nicht konkret genug. Sie wünscht sich bessere Rahmenbedingungen und eine ausreichende Personaldecke, übersichtlichere und weniger komplizierte Förderprogramme, mehr Energieberater und gute Konzepte, die übertragbar sind.
„70% des CO2 wird in oder für Kommunen verbraucht. Dort gibt es auch oft schon viel Kompetenz dieses Problem zu lösen, allerdings ist die finanzielle und personelle Ausstattung der Kommunen nicht ausreichend dafür“, sagte Gerhard Zickenheiner MdB aus Lörrach zu Beginn seiner Ausführungen. Wenn die Geschwindigkeit so beibehalten wird, wird CO2-Neutralität viel zu spät erreicht, einhergehend mit einer Temperaturerhöhung von 3,5 bis 4 Grad Celsius. Für Zickenheiner sind die Kommunen ein unverzichtbarer Akteur im Kampf um unser Klima. Als Beispiel nennt er die Städte, die ausgezeichnet wurden mit dem Titel European Green Capital für ihre Arbeit für Klima und Resilienz. Auch die Arbeit von NGOs oder Fridays-for-Future oder der Organisation „german zero“ empfindet er als wichtige Bausteine.
In den Schlüsselbranchen zur Transformation unserer Städte fehle es meistens an Umsetzern: fünfmal mehr Häuser im Bestand müssten gedämmt werden. Dazu bräuchte man aber auch fünfmal mehr Handwerker. Auch beim Umbau des Waldes zu einem stabilen und nachhaltigen Wald, bräuchte es wesentlich mehr Forstarbeiter. Zunehmende Temperaturen und anhaltende Trockenheit sorgen dafür, dass Wasser zum knappen Gut wird. Durch die großflächige Versiegelung kann das Regenwasser nicht in der Region gehalten werden, sondern fließt oberirdisch oder über die Kanalisation ab und andererseits wird immer mehr landwirtschaftliche Fläche bewässert werden. Wasser wird zum knappen Gut für Natur und Mensch. Zickenheiner berichtete über seine Arbeit im Parlament und dass es ihm gelungen sei, ein Positionspapier mit dem Titel „Kommunale Klima- und Nachhaltigkeitsstrategie“ zu veröffentlichen. „Auf der Grundlage dieses Papieres werde ich nach den Sommerferien einen Antrag für ein klimagerechtes Konjunkturpaket für die Kommunen stellen“, so der MdB.
Auch das EU-Programm Horizon Europe will zukünftig Kommunen auf dem Weg zur Klimaneutralität und Resilienz gegen Klimafolgen unterstützen. In einem groß angelegten Programm sollen Regionen bei der Planung und Umsetzung der notwendigen Transformation unterstützt werden.
In der anschließenden Diskussion kam mehrfach der Wunsch auf, Klimaschutz zur Pflichtaufgabe der Kommunen zu machen, was in der Folge bedeuten würde, dass die Mittel dazu durch die Länder und den Staat bereitgestellt werden müssten. Für viele Teilnehmer ist die Dringlichkeit des Problems in der Verwaltung noch nicht richtig angekommen. Alexander Schoch verwies auf die kommunale Selbstverwaltung und die damit verbundenen Schwierigkeiten, den Kommunen diesbezüglich Vorgaben zu machen. Dafür bräuchte es eine Grundgesetzänderung. Er betonte die Verpflichtungen, die mit dem Klimaschutzgesetz verbunden sind, die Möglichkeiten, die das neuverabschiedete Biodiversitätsstärkungsgesetz bieten kann und verwies auf die Vorteile für die Mitglieder des kommunalen Klimaschutzpaktes Baden-Württemberg. Lediglich vier von 24 möglichen Kommunen aus dem Landkreis seien diesem Pakt beigetreten und können von den Vorteilen profitieren.
Eine CO2-Abgabe könne ebenfalls eine flankierende Maßnahme sein, wenn der Preis nicht zu niedrig angesetzt wird.
Eine Besucherin fasste die Situation gut zusammen: „Wir müssen endlich weg von der Beliebigkeit, sonst ist es bald zu spät.“
Alexander Schoch bedankte sich bei den Gästen für die engagierte Diskussion. „Ich weiß, wir werden verbindlichere Rahmenbedingungen benötigen um die Klimaziele zu erreichen. Trotzdem sind wir in Baden-Württemberg auf dem richtigen Weg: unsere Klimaschutzmaßnahmen müssen trotzdem noch deutlich ambitionierter werden.

Pressemitteilung Nr. 81/2020
Emmendingen, den 04.08.2020